Welchen Abstand sollte ein neuer Park von Bahngleisen haben? Wie kann man aus der Stadt direkt dorthin laufen? Und könnte neben dem Park ein Tierheim gebaut werden, damit die Vierbeiner gleich ausgeführt werden können? Das sind Fragen, mit denen sich normalerweise Bürgermeister, Stadt- oder Gemeinderäte auseinandersetzen – oben eben Siebtklässler der Realschule Lohr. Sie lernten am Schullandheim Bauersberg in Bischofsheim, was Demokratie und demokratische Entscheidungen bedeuten.
Möglich macht dies das Projekt "Mehrwert Demokratie", das derzeit am Bauersberg und der Umweltbildungsstätte Oberelsbach angeboten wird. Zusammen bilden beide Häuser den Verbund "Rhöniversum" –Bislang konnten Klassen aus Alzenau, Bad Kissingen und Volkach und nun eben Lohr in der Rhön am Demokratie-Projekt teilnehmen.
Politische und naturwissenschaftliche Themen werden verknüpft
Markus Seibel (Geschäftsführer Schullandheim Hobbach-Bauerberg gGmbH) und Bernd Fischer (Geschäftsführer Umweltbildungsstätte Oberelsbach) zeigen sich dem Bayerischen Umweltministerium und dem Kommunalen Trägerverbund dankbar, dessen Förderung von 90 beziehungsweise zehn Prozent die Durchführung des Projekts überhaupt erst ermögliche.
Worum geht es bei "Mehrwert Demokratie"? "Das Besondere ist, dass in dem Projekt Module rund um die Demokratie mit naturwissenschaftlichen Themen verknüpft werden", erklärt Susanne Reuter vom Bayerischen Schullandheimwerk. Das Schullandheimwerk und die Bayerische Akademie für Schullandheimpädagogik sind Träger des Projekts. Durchgeführt werden die politischen Module von der Bildungsagentur Valentum.
So näherten sich die Schülerinnen und Schüler der Realschule Lohr beispielsweise auf gestalterische Art dem Thema "Demokratie". Bei einer Exkursion erhielten sie laut Andrea Schmitt (Leitung des Studienhauses am Bauersberg) im Bioenergiedorf Großbardorf Informationen über alternative Energiegewinnung durch eine Biogasanlage und die PV-Anlage an der BioenergieArena. Solche Ideen umzusetzen, gelinge nur dank demokratischer Entscheidungen.
Lohrer Schüler planen im Planspiel selbst eine Stadt und wählen den Bürgermeister
Im Planspiel wurden die Schülerinnen und Schüler selbst zu Vertretern der Kommunalpolitik, Stadtplanern oder der Stadtpresse. Doch bevor politische Gremien ihre Arbeit aufnehmen, stehen Wahlen an. Hier konnten sich die Schüler für fiktive Parteien wie die "Unabhängige Bürgervereinigung" (UBV) oder die "Traditionelle Wertegemeinschaft" (TWD) entscheiden.
Die Schüler wählten unter Anleitung von Tony Oberhofer und Elena Seidel von der Bildungsagentur Valentum ihre Oberbürgermeisterin und deren Stellvertreterin. Samira Steigerwald von der "Unabhängigen Bürgervereinigung" (UBV) und Marlene Scheinau von der Sozialistischen Alternative Deutschlands (DSA) waren die Gewählten und nahmen stolz hinter den entsprechenden Schildchen Platz.
Warum eine Pädagogin das Projekt für wichtig hält
Denkt der ein oder andere der Jugendlichen selbst über eine spätere Tätigkeit in der Politik nach? "Ich könnte mir das eher weniger vorstellen. Aber ich mag es, Sachen zu planen", erzählt Leo Seufert (13), während er mit seinen Klassenkameraden Matteo Dötsch (12) und Maximilian Wehner (12) über einem fiktiven Bebauungsplan sitzt. Die drei überlegen, wie die neue Stadt sinnvoll und bürgerfreundlich gestaltet werden könnte.
Ihre Klassenlehrerin Nikola Schaupp berichtet, dass manche Schüler wenig über Demokratie und ihre Prozesse wüssten: "Ich wurde schon gefragt, ob es eine Wahlpflicht gibt oder ob das freiwillig ist". Sie finde es wichtig, den Kindern und Jugendlichen Wahlen und andere politische Themen näherzubringen, was mit "Mehrwert Demokratie" auf anschauliche Art gelinge.
"Wenn man die aktuellen Geschehnisse und gewisse Parteien beobachtet, merkt man, wie wichtig Demokratie ist. Und auch wenn man nach Russland schaut, sollten die Schüler verstehen, wie wichtig es ist, an der Demokratie festzuhalten. Dass das an jedem Einzelnen hängt und man gemeinsam mehr erreicht", sagt die Pädagogin.
Vertreter am Projekt interessierter Schulen können sich an das Bayerische Schullandheimwerk wenden.